Die EURAC, die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und das Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer besiegeln Zusammenarbeit

Die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer ist gemeinsam mit dem Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer eines der renommiertesten Kompetenz- und Innovationszentren für verwaltungswissenschaftliche Forschung in Europa. Am gestrigen Donnerstag Nachmittag unterzeichneten in Bozen die beiden bundesdeutschen Institutionen zusammen mit der EURAC ein Rahmenabkommen.
„Die drei Institutionen besiegeln mit diesem Schritt die langjährige fruchtbringende Zusammenarbeit im Bereich Reformen der öffentlichen Verwaltung", erklärt EURAC-Präsident Werner Stuflesser die Bedeutung des Abkommens. Neben dem Austausch von Wissenschaftlern und Studierenden, solle in Zukunft auch der Austausch von Forschungsmaterialien und Ergebnissen gefördert und intensiviert werden.
Der Schwerpunkt der trilateralen Kooperation liegt insbesondere in der gemeinsamen Forschung in den Bereichen Steuerföderalismus, Messung und Abbau von Bürokratiekosten mit dem Standardkostenmodell, Hochschulrecht und Public Management. Dabei sind die EURAC-Institute für Public Management und für Föderalismus- und Regionalismusforschung involviert.
Zur Unterzeichnung des fünfjährigen Abkommens waren aus dem mehr als 500 Kilometer entfernten Speyer eine Delegation rund um dem Rektor der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Stefan Fisch und der Geschäftsführerin des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Margrit Seckelmann angereist. Neben dem Leiter des EURAC-Instituts für Public Management Kurt Promberger, waren auch die Koordinatorin des EURAC-Instituts für Föderalismus- und Regionalismusforschung Elisabeth Alber sowie die EURAC-Wissenschaftlerin Cristina Fraenkel-Haeberle, die bereits auf einige Gastforscheraufenthalte in Speyer zurückblickt, anwesend.
Heute am Freitag findet außerdem am Südtiroler Forschungszentrum eine Informationsveranstaltung für Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Verwaltung zum Thema „Bürokratiekosten messen mit dem Standardkostenmodell" statt, an der die Delegation aus Speyer teilnimmt. Rektor Stefan Fisch und Geschäftsführerin Margrit Seckelmann werden zu Beginn der Veranstaltung ein Statement abgeben.

Für weitere Informationen:

Elisabeth Alber, Tel. 0471 055211

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat mitgeteilt, dass sie das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Hermann Brugger vom EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin, Peter Paal von der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Universitätsklinik Innsbruck und den Biostatistiker Markus Falk eingestellt hat. Tierversuchsgegner und Tierschutzvereine hatten das Forscherteam nach seinem Lawinenprojekt mit Schweinen als Versuchstieren wegen Tierquälerei angezeigt. Nach eingehender Prüfung kam die Staatsanwaltschaft Innsbruck zum Schluss, dass bei dem Tierversuch im Ötztal keine Tierquälerei vorlag, was die Anzeigen strafrechtlich hinfällig macht. Das Forschungsprojekt war nach strengen ethischen sowie juridischen Auflagen geplant und durchgeführt worden. Es war zudem ordnungsgemäß eingereicht und genehmigt worden. „Wir nehmen diese Mitteilung mit Genugtuung zur Kenntnis, weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass abgesehen von dem uns direkt entstandenen Schaden auch die in der Verfassung verankerte Freiheit der Forschung und Wissenschaft großen Schaden erlitten hat", konstatieren die drei Südtiroler Wissenschaftler Brugger, Paal und Falk. Aufgrund einer massiven Kampagne seitens radikaler Tierversuchsgegner wie auch einiger Medien, die in zahlreichen Gewalt- und Mordandrohungen gegen die Forscher und einer Bombendrohung gegen eine Bank in Sölden gipfelte, mussten die Wissenschaftler das Projekt am 15. Januar vorzeitig abbrechen. Allgemein stellen die Wissenschaftler fest, dass die Durchführung von Tierversuchen gesetzlich klar geregelt und unverzichtbarer Teil der medizinischen Forschung ist. „Es besteht ein großes Informationsdefizit darüber, unter welchen Voraussetzungen Tierversuche gerechtfertigt sind und welche Auflagen damit verbunden sind. Dass die moderne Medizin und damit unser Lebensstandard untrennbar mit medizinischer Forschung verbunden ist, wird zu wenig wahrgenommen. Wir halten es für unverantwortlich, dass eine kleine radikale Minderheit eine für die Allgemeinheit wichtige wissenschaftliche Untersuchung, die Menschenleben hätte retten können, so einfach torpedieren konnte", unterstreichen Brugger, Paal und Falk.

Kontakt:

Hermann Brugger, hermann.brugger@eurac.edu, Tel. 0471 055 541

EURAC-Wissenschaftler entwerfen Richtlinien für die vereinfachte Klimatisierung von Wohnhäusern

Mit dem jüngsten Boom rund um die „Green Economy“ richtet sich die Aufmerksamkeit immer mehr auch auf Technologien, die für eine geringe Umweltbelastung und „saubere“ Energie bürgen. Solarenergie kann nicht nur dazu genutzt werden ein Gebäude zu heizen sondern auch um es zu kühlen sowie um Warmwasser aufzubereiten. Tatsächlich ist diese Technologie längst keine Neuheit mehr sondern schon seit Jahren auf dem Markt. Entsprechende Anlagen sind jedoch äußerst kompliziert und nur wenige Fachleute sind in der Lage sie zu planen und zu installieren. Das erklärt warum bislang so wenig Gebrauch davon gemacht worden ist.

Im Rahmen des europäischen Projekts SolarCombi+ hat das EURAC-Institut für Erneuerbare Energie nun einheitliche Richtlinien entworfen, die das Installieren und Anwenden von so genannten Absorptionsmaschinen zur solaren Kühlung erheblich erleichtern und vereinfachen. Damit soll zum vermehrten Gebrauch entsprechender Maschinen angespornt werden – gerade auch im Hinblick auf die nun viel einfacher gewordene Installation kleinerer Anlagen für kleinere Haushalte.

Das Projekt SolarCombi+ wird gemeinsam mit sechs weiteren europäischen Forschungszentren und fünf Produktionsfirmen von Absorptionsmaschinen verwirklicht. Im Rahmen des Projekts haben die Forscher der EURAC verschiedenste Möglichkeiten zur Einrichtung von Heizungsanlagen, Klimaanlagen und Warmwasseraufbereitungsanlagen bis ins Letzte überprüft und daraufhin Richtlinien für das Zusammenfügen der einzelnen Bestandteile festgelegt. „Mit all den verschiedenen Aspekten vor Augen – dazu gehören geografische Lage, Energiebedarf, Typologie der Bestandteile – haben wir mehrere Installationskonfigurationen ausgearbeitet und diese in Neapel, Straßburg und Toulouse getestet. Denn die klimatischen Verhältnisse dieser drei Städte sind völlig unterschiedlich”, erklärt Roberto Fedrizzi, Ingenieur am EURAC-Institut für Erneuerbare Energien. Produktionsfirmen können nun bereits getestete und nach einheitlichen Richtlinien hergestellte Paket-Konfigurationen auf dem Markt anbieten. Diese Richtlinien bieten darüber hinaus den öffentlichen Verwaltungen einen Anhaltspunkt, dank welchem die Effizienz der Anlagen überwacht und Energieverschwendung vermieden werden kann.

Die Europäische Kommission fördert das Projekt SolarCombi+ im Rahmen des Programms „Intelligent Energy Europe“. Die Ergebnisse des Projekts werden auf Konferenzen und Fachmessen vorgestellt und über zusätzliches Informations-Material bekannt gemacht (siehe auch unter www.solarcombiplus.eu).

Bozen, 26.02.10

Kontakt

Roberto Fedrizzi, Tel. 0471 055 610

Forscherteam aus Südtirol, Deutschland und Ägypten analysiert antikes DNA und löst Rätsel über die Familie der weltberühmten Mumie aus dem Tal der Könige in Ägypten.

Seit fast einem Jahrhundert fasziniert er Fachwelt und Geschichtsbegeisterte. Seit sein Grab 1922 nahezu unberührt gefunden wurde, ist Tutanchamun der berühmteste Pharao der ägyptischen Antike. Unklar war bislang jedoch, woher der bereits mit 19 Jahren verstorbene junge König abstammte. Wer waren seine Eltern? Diese Frage, an der die Ägyptologie lange Zeit scheiterte, beantwortet nun ein Forscherteam aus Südtirol, Deutschland und Ägypten.

In einem speziell eingerichteten DNA-Labor in Kairo haben die Forscher unter der wissenschaftlichen Leitung von Albert Zink, Leiter des EURAC-Instituts für Mumien und den Iceman und Carsten Pusch, Humangenetiker an der Eberhard Karls Universität Tübingen zwei Jahre lang mit modernsten Methoden und Techniken genetische Untersuchungen an 16 Mumien durchgeführt. Nun sind sie fündig geworden: Vater von Tutanchamun ist der berühmte Pharao Echnaton. Das Grab seines mumifizierten Körpers wird im Tal der Könige mit der Nummer KV (King Valley) 55 geführt. Mutter ist die so genannte "Younger Lady", die Mumie im Grab KV35, die zusammen mit einer weiteren - älteren - weiblichen Mumie gefunden wurde. Ob es sich bei der "Younger Lady" um die berühmte Nofretete handelt, analysieren die Mumienforscher derzeit noch.

Im September 2007 hatte das zehnköpfige Forscherteam begonnen, an elf Mumien aus der Verwandtschaft Tutanchamuns und von fünf weiteren Mumien Gewebeproben aus dem Knocheninnern zu entnehmen. In zweijähriger Arbeit haben die Mumienforscher die DNA extrahiert und genetische Fingerabdrücke für alle 16 Mumien erstellt. Ihre Ergebnisse sind wegweisend. Durch die genetischen Fingerabdrücke konnte ein Fünf-Generationen-Stammbaum der Familie Tutanchamuns erstellt werden.

Zudem ist man der Todesursache des berühmten Pharaos ein Stück weit näher gekommen: In Tutanchamun konnten unter Mithilfe des Bozner Radiologen Paul Gostner mehrere Erkrankungen diagnostiziert werden. Darunter eine Knochennekrose am linken Fuß, die zur mangelnden Blutversorgung des Knochens und zum Knochenabbau führte. "Diese Erkrankung allein hat mit Sicherheit nicht zum Tod geführt, aber sie hat ihn in seiner Mobilität stark eingeschränkt", erklärt Albert Zink. "Es erklärt wohl auch, warum man in seinem Grab zahlreiche Gehstöcke gefunden hat." Lebensbedrohlicher war die zweite Erkrankung, die die Wissenschaftler feststellen konnten: "Tutanchamun hat an der schwersten Form von Malaria, der Malaria tropica, gelitten.", fährt Albert Zink fort. "Dies könnte, zusammen mit der Knochennekrose zum Tod geführt haben." Verschiedene Pflanzenreste, die in seinem Grab gefunden wurden, unterstützen die Malaria-Diagnose. Sie sind teilweise noch heute für ihre fiebersenkende und schmerzlindernde Wirkung bekannt.

"Wir hatten das Glück, diese einzigartige Studie durchführen zu können, die ein jahrhundertealtes Rätsel zu den Familienverhältnissen des weltberühmten Pharaos Tutanchamun gelöst hat", erklären die beiden Mumienforscher Albert Zink und Carsten Pusch abschließend. " Und wir forschen weiter. Nofretete steht noch aus...Wir haben gerade erst ein neues Universum betreten!" Auch EURAC-Präsident Werner Stuflesser und EURAC-Direktor Stephan Ortner zeigen sich begeistert von den Erfolgen der Wissenschaftler: "Tutanchamun steht als Sinnbild der altägyptischen Geschichte. An seiner Mumie forschen zu können, ist ein Privileg, solch umwälzende Erkenntnisse zu generieren, eine Genugtuung für die moderne Wissenschaft und nicht zuletzt für unser Haus."

Für weitere Informationen:

Albert Zink, tel. 0471 055561

LinguaINCLUSION ist mit Kick-Off-Meeting an der EURAC gestartet

Die Zahl der Migrantenkinder steigt auch an Südtirols Grundschulen. Wie sich die Schule diesen neuen Herausforderungen in Südtirol aber auch in anderen Regionen Europas stellt, untersucht das EURAC-Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit zusammen mit acht weiteren Partnern im Projekt "LinguaINCLUSION". Den Startschuss des eineinhalbjährigen Projekts bildete ein Auftakttreffen am 1. und 2. Februar an der EURAC in Bozen.

„Wir beleuchten die Sprachförderung und die Integration von Grundschulkindern mit Migrationshintergrund in den verschiedenen europäischen Bildungssystemen", erklärt Sabine Wilmes, EURAC-Linguistin und Leiterin des Projekts.

Mit „LinguaINCLUSION" wollen die Sprachforscher, Soziologen und Pädagogen anhand von Beispielen gelungener Sprachintegration neue Methoden ausarbeiten und entwickeln. Das vom europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen finanzierte Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg, der Pädagogischen Hochschule Wien, der Pädagogischen Hochschule Kärnten, der Initiativgruppe e.V. München, der Universität Goeteborg, der ungarischen Universität Györ, dem bulgarischen Verein Immigration and Integration Sofia und dem Centre of Ethnic Studies in Vilinus durchgeführt.

In den jeweiligen beteiligten Ländern wird das Forschungsteam die verschiedenen Schulsysteme, Modelle und Methoden zur Sprachförderung von Migrantenkindern in den Grundschulen erfassen und vergleichen. Die bewährten Vorgehensweisen im Zweitsprachenunterricht fließen anschließend in ein Handbuch, das Lehrern und allen Interessierten zur Verfügung stehen wird. Ausgewählte Lehrkräfte können daraufhin projektinterne Schulungen besuchen, in denen sie sich Methoden des Zweitsprachunterrichts aneignen, um sie im eigenen Unterricht anwenden zu können. „Wir werden die Lehrer bei der praktischen Umsetzung begleiten und die Fortschritte der Schüler durch verschiedene Mess- und Beobachtungsmethoden erfassen", so Sabine Wilmes. Dadurch könne festgestellt werden ob die Fortbildungen und die Methoden erfolgsversprechend sind und ob Anpassungen des Handbuchs nötig sind.

Für weitere Informationen:

Sabine Wilmes, Tel. 0471 055 133

Multiple-Sklerose-Patienten bewerten ihre Betreuung. MS-Vereinigung Südtirol und EURAC stellen Konzept zum integrativen Management für chronische Krankheiten vor

"Auch wenn manche von uns nach außen schwerstbehindert wirken, sind wir im Kopf und im Herzen noch immer so klar wie früher", sagt Nathalie Todenhöfer. Die 24-jährige Tochter von Ex-"Burda"-Manager und ehemaligem CDU-Politiker Jürgen Todenhöfer leidet seit fünf Jahren an Multipler Sklerose. Auf Einladung der EURAC und der Südtiroler Multiple-Sklerose-Vereinigung war sie am gestrigen Donnerstag nach Bozen an die EURAC gekommen. Dort wurde eine Studie des EURAC-Instituts für Public Management zur Betreuungssituation von Multiple-Sklerose-Patienten in Südtirol vorgestellt.

Multiple Sklerose ist eine Entzündung des zentralen Nervensystems, die in Schüben zunimmt und zu Nervenschmerzen, Sehstörungen und Lähmungen führt. Heilbar ist sie bislang nicht. Jegliche Therapie und Betreuung kann momentan nur darauf abzielen, den Patienten so lange als möglich ihre Unabhängigkeit und menschliche Würde zu erhalten. So wünschen es sich, laut Nathalie Todenhöfer, die Betroffenen.

Der Betreuungssituation in Südtirol stellen die Patienten und ihre Angehörigen insgesamt ein gutes Zeugnis aus, so das Ergebnis der EURAC-Studie. Die Wissenschaftler hatten die Ergebnisse einer umfassenden Befragung zur medizinischen Betreuung von Patienten und Angehörigen ausgewertet und unter anderem zu Lang- und Kurzzeitpflege sowie zu Reha-Angeboten analysiert.
Defizite sehen die Betroffenen bei Information und Beratung über medizinische, rechtliche und finanzielle Aspekte der Krankheit. Auch wünschen sich die Patienten einen spezialisierten MS-Arzt in Südtirol. Rund 90% der Erkrankten sind bei Neurologen in den Krankenhäusern in Behandlung, wechseln zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Spezielle Dienste zur Kurzzeitpflege und ambulante Reha-Dienste könnten es den Patienten ermöglichen, länger in ihren Familien zu leben und ihre Lebensqualität so um ein Vielfaches erhöhen.
"Die einzelnen Dienste scheinen in Südtirol zu funktionieren", geben die Wissenschaftler Auskunft. Was noch fehle sei eine bessere Integration aller Komponenten. „Menschen mit komplexen Krankheitsbildern brauchen ein optimal vernetztes Angebot an Gesundheits- und Sozialleistungen. Unsere Studie zu MS-Patienten zeigt auf, was dies bedeutet und kann Grundlage für ein integratives Management aller chronischen Krankheiten sein.", erläutert der stellvertretende Leiter des EURAC-Instituts Josef Bernhart, der die Studie geleitet hat.
Dieses integrative Managementsystem sieht eine Vernetzung der einzelnen Dienste vor. Eine verbesserte Betreuung und Schulung der Patienten selbst und deren Angehörigen soll den Patienten selbst zum Experten machen und eine längere Betreuung zu Hause ermöglichen. Psychologische Beratung während der Pflege und auch schon bei der Diagnose soll Patienten und deren Familien den Umgang mit der Krankheit erleichtern. Daneben werden der Ausbau von Kurzzeitpflege, der Aufbau von betreuten Wohnformen in der Nähe eines spezialisierten Krankenhauses und die Einführung eines Medikamentenpasses empfohlen.
Bozen, 28.1.2010

Für weitere Informationen:
Sonja Vigl, Tel. 0471 055416

Zum fünften Mal waren alle Südtiroler dazu aufgerufen, ihre Wörter und Unwörter des Jahres in einer der drei Landessprachen zu benennen. „Es geht uns darum, anzuregen, über Sprache nachzudenken. Das ist uns glaube ich gelungen", so Monika Obrist von der Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut. Rund 500 Vorschläge in Deutsch, Italienisch und Ladinisch wurden eingesendet und beweisen, dass das Jahr 2009 nicht wortlos vorübergegangen ist.

Aus allen eingesendeten Wörtern und Unwörtern hat eine Fachjury die markantesten Begriffe des Jahres 2009 in Südtirol ausgewählt. Das deutsche Wort des Jahres ist „Volksabstimmung". „Hier haben wir uns ziemlich stark nach der Häufigkeit der eingesendeten Wörter gerichtet", erklärte Christoph Nickenig vom Sprachzentrum der Universität Bozen. Außerdem seien zahlreiche ähnliche Wörter eingesendet worden, wie etwa „Quorum", „direkte Demokratie" oder der Ausspruch „Ich geh nicht hin".

Zum deutschen Unwort des Jahres wurde "scudo fiscale / Steuerschutzschild" gekürt. „Es ist eine typische Erscheinung: ein Euphemismus", so Nickenig. Das Wort sei beschönigend und verschleiernd. Ins Deutsche sei der „scudo" etwas unbeholfen übersetzt worden und genauso beschönigend, bedenke man, was es mit diesem Schutzschild wirklich auf sich habe.

Im Italienischen fiel die Entscheidung für das Wort des Jahres auf „badante". Natascia Ralli vom EURAC-Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit sprach von einem „Schlüsselwort", das im vergangenen Jahr die öffentliche Diskussion geprägt habe.

Italienisches Unwort des Jahres ist „killeraggio". „Es ist eine unglückliche Mischung aus dem englischen ‚killer‘ und der italienischen Endung ‚-aggio‘". Das Wort sei Ausdruck der verbalen Härte in der italienischen Politik und den Medien, der etwa Benigni oder Berlusconi zum Opfer gefallen seien.

Bei den Ladinern stand 2009 das Dolomiten-Weltnaturerbe im Mittelpunkt. So wurde auch das Wort „arpejon dl' umanité" (Weltnaturerbe) zum Wort des Jahres gewählt. „Es lenkt die Aufmerksamkeit nicht nur auf das Territorium - die Dolomiten, sondern auch auf die Sprache, die in diesem Territorium gesprochen wird", betonte Paul Videsott, von der ladinischen Abteilung der Universität Bozen.

Die „senta a rotazion" (rotierender Sitz), bezieht sich auf den Sitz der Ladinien Stiftung und wurde das ladinische Unwort 2009.

„Wort und Unwort des Jahres in Südtirol" ist eine gemeinsame Initiative der Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut, des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit, des Sprachenzentrums der Freien Universität Bozen, der Ladinischen Abteilung der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen und der Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann.

Für weitere Informationen:

Andrea Abel, Tel. 0471 055 121

Enge Zusammenarbeit im Bereich der Sprachwissenschaften: Deutsche Sprache - quo vadis?

Um die Zusammenarbeit im sprachwissenschaftlichen Bereich zwischen den drei Institutionen zu besiegeln, unterzeichneten gestern Nachmittag der EURAC-Präsident Werner Stuflesser, der Rektor der Freien Universität Bozen Walter Lorenz und der Rektor der Universität Innsbruck Karlheinz Töchterle ein trilaterales Rahmenabkommen. „Durch dieses Abkommen kann das wissenschaftliche Netzwerk der Forschungseinrichtungen in Süd- und Nordtirol weiter ausgebaut werden", erklärte Werner Stuflesser die Bedeutung der Vereinbarung. Des Weiteren könne eine Kontinuität der gemeinsamen linguistischen und sprachdidaktischen Forschungsvorhaben gewährleistet werden. Zu diesem Anlass wurde neben dem Rahmenabkommen auch ein Vertrag für ein Gemeinschaftsprojekt zur Untersuchung der Muttersprachkompetenzen bei Schülern und Studenten im deutschen Sprachraum unterzeichnet. Das Projekt des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit, der Fakultät der Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen und des Instituts für Germanistik der Universität Innsbruck baut auf den Studien zur Sprache in Südtirol (Institut für Germanistik, Universität Innsbruck) sowie auf dem Projekt „Korpus-Südtirol" (EURAC-Freie Universität Bozen) auf. „Das Ziel des Projekts ‘Bildungssprache im Vergleich‘ ist es, eine umfassende, wissenschaftlich fundierte Basis für die Erfassung und Analyse der schriftlichen Sprachkompetenzen bei muttersprachlichen Deutschlernenden in Südtirol, Nordtirol und im binnendeutschen Raum zu schaffen", so Andrea Abel, Projektleiterin und Koordinatorin des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit. „Sind die Erstsprachkompetenzen der deutschsprachigen Südtiroler besser oder schlechter als ihr Ruf? Das ist eine der Fragen, auf die unser Projekt Antworten liefern möchte." Dabei werden die Texte der Sprachlernenden computer- und korpuslinguistisch verarbeitet und unter Berücksichtigung sprachsoziologischer Bedingungen ausgewertet. "Die Projektergebnisse werden wissenschaftlichen sowie didaktischen, aber auch sprach- und bildungspolitischen Zwecken zugute kommen und sind daher für Südtirol, aber auch darüber hinaus von besonderer Bedeutung", so Hans Drumbl, Professor für Deutsche Sprache an der Fakultät für Bildungswissenschaften. Der Rektor der Freien Universität Bozen, Walter Lorenz unterstreicht die Zielsetzung, für Forschungsprojekte, die Synergien versprechen, eine geeignete Plattform für die Zusammenarbeit zu finden.

Für weitere Informationen:

Andrea Abel, Tel. 0471 055 121

Medizinische Universität Innsbruck und EURAC führen Lawinenprojekt im Ötztal durch

Das EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin hat in Zusammenarbeit mit dem Labor für

Experimentelle Anästhesie der Univ.-Klinik für Anästhesie in Innsbruck ein Lawinenprojekt mit Schweinen durchgeführt. Dieses wurde ordnungsgemäß eingereicht und von der zuständigen österreichischen Tierversuchskommission des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung genehmigt. Die Versuchsanlage im Ötztal wurde nach Besichtigung des Tierschutzbeauftragten der Medizinischen Universität Innsbruck Hermann Dietrich für gut befunden.

„Die 29 Schweine werden in einem offiziell zertifizierten, durch eine internationale Expertenkommission begutachteten Schweinestall artgerecht gehalten. Am Tag ihres Einsatzes bekommen die Tiere an ihrem gewohnten Aufenthaltsort eine Narkose verabreicht und bemerken bis zu ihrem Tod somit nichts mehr von den folgenden Vorgängen", betont Studienleiter Hermann Brugger, Leiter des EURAC-Instituts für Alpine Notfallmedizin und Dozent an der Medizinischen Universität Innsbruck. Die Belastung der Versuchstiere ist somit auf ein Minimum beschränkt und weit geringer als bei herkömmlichen Schlachtungsmethoden.

Vor dem Hintergrund der europäischen Lawinensituation mit zahlreichen Opfern zielt das internationale Projekt darauf ab, den Einfluss der Atemhöhle auf Sauerstoffmangel und Kohlendioxidgehalt in der Atemluft zu bestimmen und so einen effektiven Parameter für die Überlebenschance der Opfer zu bekommen. Es geht also darum in Zukunft die Überlebenschancen von verschütteten Lawinenopfern zu erhöhen und somit eventuell menschliche Leben zu retten. „Da der Luftdruck in großer Höhe in einem Labor nicht simuliert werden kann, bietet die Nachstellung der Verschüttung eine aussagekräftige und für Patientinnen und Patienten direkt verwertbare Lösung", unterstreicht der Notfallmediziner und praktischer Arzt Brugger. „In der dramatischen Situation nach einer Bergung könnten Notärzte somit besser beurteilen, ob und für welche Opfer reelle Überlebenschancen bestehen und wie die Mediziner vor Ort am besten vorgehen."

„Niemand von uns Wissenschaftler würde einen solchen Tierversuch unternehmen, wenn er nicht überzeugt wäre mit den daraus resultierenden Erkenntnissen Menschenleben retten zu können," so Studienleiter Brugger.

Für weitere Informationen:

Hermann Brugger, Tel. 0471 055 541