EURAC startet europaweit einzigartiges Projekt, um barrierefreien Tourismus zu fördern

Ab nächstem Jahr bietet die Stadt Bozen den Touristen neben Prospekten, Informationsbroschüren und Stadtführungen auch ein besonderes Video an, damit Touristen mit eingeschränkter Hörfähigkeit ebenfalls auf ihre Kosten kommen und die architektonischen Schönheiten der Stadt kennenlernen können. An dem Video-Touristenguide in italienischer Gebärdensprache arbeiten derzeit die Forscher des EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit Durch das Video erhalten gehörlose und gehörgeschädigte Menschen Informationen zu Geschichte, Kunst und den wichtigsten Denkmälern der Stadt. Die Anwendung wird zusammen mit den Trientner Wissenschaftlern der Stiftung Bruno Kessler entwickelt und wird allen kostenlos zur Verfügung stehen. Dann kann das Video von der eigens dafür eingerichteten Homepage und von der Homepage des Verkehrsamts der Stadt Bozen auf das Mobiltelefon heruntergeladen werden. Auf dem Display des Handys wird ein Dolmetscher zu sehen sein, der die Sehenswürdigkeiten in Gebärdensprache beschreibt. Zusätzlich werden am Display auch die passenden Fotos angezeigt. „In Europa gibt es bisher Videoguides nur in einigen Museen. In Italien hat man auf diesem Gebiet wenig Erfahrung und es gibt lediglich Videos, die sich auf eine Sehenswürdigkeit beziehen, wie zum Beispiel das Video zum Königspalast in Caserta. Unser Pilotprojekt ist europaweit das erste dieser Art, da es für die gesamte Stadt gilt", erklärt die EURAC-Forscherin Lisa Danese, die mit dem nationalen Verein für Gehörlose in Kontakt ist und die die Texte in Gebärdensprache übersetzen wird. Der Videoguide für Bozen soll in einem zweiten Schritt auch in die Gebärdensprache übersetzt werden, die in Deutschland und in Österreich verwendet wird und auf weitere Ortschaften ausgedehnt werden. Durch das Projekt werden die Ziele des ministeriellen Ausschusses für Barrierefreiheit verfolgt.

Für weitere Informationen:

Lisa Danese, 0471 055 131

„Biodiversität bedeutet Leben. Erst die Vielfalt des Lebens hat die Erde zu einem einzigartigen, bewohnbaren Ort für uns Menschen gemacht", erklärte Ulrike Tappeiner, Leiterin des EURAC-Instituts für Alpine Umwelt auf der Konferenz des Ausschusses für Energie, Umwelt und Wasser der Euromediterranen Parlamentarischen Versammlung (EMPA) am 28. Juni in Innsbruck.
Die Konferenz widmete sich vor allem folgenden Themen: Forcierung Erneuerbarer Energie, Biodiversität und Schutz der Meeresumwelt. Die EMPA unterstützt und begleitet seit sechs Jahren die Euro-Mediterrane Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene. Zu den Mitgliedern zählen neben den 27 Mitgliedstaaten der EU das EU-Parlament, zehn Länder des südlichen Mittelmeerraumes (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, die Palästinensische Autonomiebehörde, Syrien, Tunesien und die Türkei). Ziel der EMPA ist es, gemeinsame Nenner der drängendsten Fragen für alle Mitglieder herzustellen und Diskussionen in Gang zu setzen.
Die EURAC-Wissenschaftlerin Tappeiner ist in ihrem Vortrag in Innsbruck auch auf die Ökosysteme eingegangen, die geschädigt oder zerstört sind und somit ihre Leistungen nicht mehr erbringen können. Biodiversität sei daher auch Wirtschaft und jeder Einzelne muss lernen, dass die Ökosysteme ein wichtiges Kapital sind, das Güter produziert und Dienstleistungen erbringt. „Die Erhaltung der Biodiversität ist daher kein Luxus, sondern überlebensnotwendig", so Tappeiner. Auf der Konferenz sprachen außerdem Senator D'Ali, der Vorsitzende des Umweltausschusses des italienischen Senats und die Meeresbiologin Antje Helms.

Für weitere Inforamtionen:
Ulrike Tappeiner, Tel. 0471 055 301

Antwort per Mausklick: EURAC entwickelt Internetdienst, der hausnummerngenau den Energiegewinn von Photovoltaik-Anlagen ausrechnet

Ist mein Hausdach für eine Photovoltaik-Installation geeignet? Wie viel Energie würde eine solche Anlage auf meinem Dach produzieren? Fragen, die in Zukunft innerhalb weniger Sekunden beantwortet werden können - es reicht, die eigene Adresse einzutippen und einmal zu klicken. Dieser Dienst entspringt dem Projekt „PV Initiative", das von den EURAC-Instituten für Erneuerbare Energie und für Angewandte Fernerkundung ins Leben gerufen wurde. Er wird zu Projektende den Bürgern von Brixen zur Verfügung gestellt.

Der Projektabschluss ist für das Jahr 2013 vorgesehen. Ziel ist es, ein Modell zu entwickeln, das die Sonneneinstrahlung auf eine bestimmte Fläche misst und gleichzeitig mit einrechnet, wie viel Energie durch Absorptions- und Diffusionsvorgänge an die Atmosphäre abgegeben wird.

Obwohl das sonnige Klima in Südtirol günstige Voraussetzungen bietet, gilt es effiziente Photovoltaik-Anlagen zu entwickeln, um die Sonnenenergie bestmöglich zu nutzen. Die Anlagen müssen demnach sowohl technologische als auch Umwelt- und geografische Faktoren berücksichtigen.

Das EURAC-Institut für Angewandte Fernerkundung betreut im Projekt die Kartierung. Als Grundlage dafür dienen Satellitendaten, die die institutseigene Empfangsstation auf dem Rittner Horn liefert sowie ein hochauflösendes Höhenmodell der Provinz Bozen. Dank der hohen Auflösung des Höhenmodells können diese Daten bestechende Einzelheiten aufzeigen, etwa Bäume oder Hausdächer. Aus den Satellitendaten lässt sich indes tagesgenau berechnen, wie Bewölkungsverhältnisse und atmosphärische Trübungen die Sonneneinstrahlung reduzieren und wie es demzufolge um das Photovoltaikpotential bestellt ist. Das EURAC-Institut für Erneuerbare Energie hingegen prüft und bewertet die technologische Seite der Photovoltaik, sowohl im Labor als auch vor Ort.

Ziel ist es, ein geografisches Modell auszuarbeiten, das das Energiepotential eines bestimmten Gebiets veranschaulicht. Das Modell muss verschiedene Parameter berücksichtigen: die geografische Position, die Wärmestrahlung, inwieweit das betreffende Gebiet aufgrund von Hangneigung, Gebirge oder auch Gebäuden schattig ist, die Wolkendecke über das ganze Jahr hinweg und die Sonneneinstrahlung abzüglich der Wärmeabgabe an die Atmosphäre.

Das Projekt konzentriert sich vorläufig auf den Raum Brixen, wobei es vorgesehen ist diesen Dienst künftig auch auf andere Gebiete zu übertragen.

Das Projekt wird von den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert.

Für weitere Informationen:

Alessandra Colli, Tel. 0471 055 630

Über tausend Artikel werteten Hermann Brugger vom EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin und sein kanadischer Kollege Jeff Boyd im Laufe von zwei Jahren aus. Sie bearbeiteten damit die gesamte internationale Forschungsliteratur zur Lawinenmedizin - eine Pionierleistung. „Eine riesen Arbeit - die ältesten Artikel sind Studien von 1974. Wir haben auch diese genau gelesen, da sich heute viele Forscher allein auf Zitate stützen und dabei wichtige Informationen der Originalarbeiten verloren gehen können", erzählt Brugger. Folgende Fragestellung liegt der Studie zugrunde: Welche Faktoren sind für das Überleben in einer Lawine entscheidend? Systematisch überprüften Brugger und Boyd die Angaben in den Fachartikeln zu den folgenden vier Faktoren: Verschüttungsdauer, Zustand der Atemwege, Körpertemperatur, Kaliumwert im Blut. Mit den Ergebnissen ihrer Studie treffen die beiden Wissenschaftler neu erarbeitete Bewertungen und liefern beweiskräftige Maßstäbe darüber, inwieweit die vier Faktoren tatsächlich eine Rolle für das Überleben unter einer Lawine spielen.

Mithilfe statistischer sowie auch qualitativer Methoden leisteten die beiden Forscher und Bergrettungsärzte mit ihrer Studie eine Pionierarbeit auf dem Gebiet der alpinen Notfallmedizin. Die Ergebnisse der Lawinenstudie dienen nun als wissenschaftliche Grundlage für die internationalen Rettungsrichtlinien, die von der Internationalen Gesellschaft für Wiederbelebung (ILCOR) alle fünf Jahre herausgegeben werden und für Rettungssanitäter und Notärzte weltweit verbindlich sind.

Darüber hinaus erregte die Lawinenstudie die besondere Aufmerksamkeit der Europäischen Gesellschaft für Wiederbelebung (ERC - European Resuscitation Council). Als Publikation des Monats hat ERC die Studie im Juni in der britischen Zeitschrift „Resuscitation" veröffentlicht und frei zugänglich ins Internet gestellt. Diese Auszeichnung auf europäischer Ebene wiegt umso mehr, da erstmals ein Thema aus der Alpinen Notfallmedizin gewählt worden ist.

Zum Artikel in "Resuscitation"

Kontakt:

Hermann Brugger, Tel. 0471 055541

Mitgliederversammlung bestätigt Tätigkeitsbericht und Bilanz

Über 16 Millionen Euro fließen derzeit von Brüssel an die Bozner EURAC. Sie stammen aus 36 EU-Projekten, an denen die Wissenschaftler des Südtiroler Forschungsinstituts momentan arbeiten. Dies nahmen die 20 EURAC-Gesellschafter bei der gestrigen Mitgliederversammlung wohlwollend zur Kenntnis. Einstimmig verabschiedeten sie Tätigkeitsbericht und Bilanz des Vorjahres.

Die Brüsseler Euros sind die Hauptquelle der Drittmittel-Einnahmen, woraus sich die EURAC im Jahr 2009 insgesamt zu 49% finanziert. „Die EU-Gelder, wie unsere gesamte Auftragsforschung, unterliegt dem offenen Wettbewerb.", erläutert EURAC-Präsident Werner Stuflesser. „Wir bieten unsere Expertise an, der Auftraggeber entscheidet." Der Hauptauftraggeber EU finanziert vor allem Forschungsprojekte, die der Gesellschaft zu Gute kommen. An der EURAC-Forschung schätzt man in Brüssel besonders, dass die Forschungsthemen aus dem Südtiroler Alltag stammen. Die Südtirol-Forschung wird nicht selten zum Exportschlager - zum Vorbild für andere Regionen. „Wir haben gerade den Zuschlag für ein Riesenprojekt zur energetischen Sanierung von historischen Gebäuden erhalten.", berichtet EURAC-Direktor Stephan Ortner. „Was vor ein paar Jahren als kleines Projekt für Kirchenheizungen begonnen hat, hat sich nun zu einem Forschungskoloss gemausert, an dem unter unserer Leitung 24 europäische Partner mitarbeiten und das uns 6,6 Millionen Euro einbringt."

Positiv aufgenommen wurde auch der Tätigkeitsbericht, der sich in peppigem Gewand in diesem Jahr nicht nur den Forschungsprojekten, sondern auch den Menschen widmet, die diese erarbeiten: den 260 Forschern aus aller Welt, die in der Bozner Drususallee und ihren Außenstellen tüfteln und denken. In einem kreativen Fotoshooting präsentieren sich die Forscher dort einmal außerhalb ihres Wissenschaftler-Lebens: in ihrer Freizeitkluft. So wird der Geograf schon mal zum Unterwasser-Rugbyspieler, die Biologin zur Harley-Davidson-Mechanikerin und der Direktor zum Koch.

Der Tätigkeitsbericht ist an der EURAC kostenlos erhältlich.

Mit seinem Ausspruch „Wir sollen mehr Demokratie wagen" hat der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt vor über vierzig Jahren Geschichte geschrieben und seine eigene Reformpolitik begründet. EU-Kommissar Johannes Hahn (im Bild mit Josef Bernhart) nahm auf eben diesen Satz Bezug, als er auf die Möglichkeiten elektronischer Demokratie in unseren Zeiten angesprochen wurde. Die Elektronische Demokratie sei ein wesentliches Instrument zur Weiterentwicklung insbesondere der repräsentativen Demokratie. Die in Europa schon praktizierten Beispiele würden zeigen, dass die Systeme funktionieren, stabil sind und Zuspruch haben, resümierte der EU-Kommissar für Regionalpolitik anlässlich eines Besuches an der EURAC. Dabei hat EU-Kommissar Hahn bereits ein besonderes Pilotprojekt elektronischer Demokratie gefördert. Unter seiner Amtszeit als österreichischer Bundesminister für Wissenschaft und Forschung konnten die Studierenden an 21 österreichischen Universitäten 2009 erstmals ihre Vertretungen auch elektronisch über das Internet wählen. Das Besondere daran: Die Stimmabgabe über das Internet war rechtsgültig und dies zum ersten Mal in Österreich. Das sogenannte „E-Voting" war als zusätzliche Beteiligungsmöglichkeit ausgearbeitet worden und konnte von den Studierenden eine ganze Woche lang vor der herkömmlichen Papierwahl genutzt werden - vor allem für Studierende im Ausland eine wesentliche Erleichterung. Möglich wurde dies über die sogenannte „Bürgerkarte", ähnlich einer Bankomatkarte, mit der die Wähler sich anmelden, identifizieren und schließlich abstimmen konnten. Die EURAC hat erst kürzlich eine Fachveranstaltung zum Thema „Elektronische Demokratie - Potentiale und Grenzen" organisiert. Dabei wurden auch Perspektiven für Südtirol erörtert. Wie das Beispiel Österreich zeigt, waren für das E-Voting sowohl Briefwahl als auch Bürgerkarte entscheidende Voraussetzungen. Hier hat Italien noch Nachholbedarf, obwohl es schon erste gesetzliche Vorschläge im Parlament gibt. Auf die vielfach bereits genutzten Möglichkeiten politischer Präsenz und Meinungsbildung im Internet verwies auch SVP-Landessekretär Philipp Achammer, der im Rahmen der Veranstaltung die Grußworte der Silvius-Magnago-Akademie überbrachte. Eine Vertiefung des Themas und Erfahrungen im Bereich der elektronischen Verwaltung gibt es im kürzlich erschienenen Buch der EURAC, „E-Government. Konzepte, Modelle und Erfahrungen", herausgegeben von Kurt Promberger, Günther Früh und Josef Bernhart vom EURAC-Institut für Public Management.

Interview mit EU-Kommissar Hahn

Kontakt:

Josef Bernhart, Tel. 0471 055410

Parkinson-Studie der EURAC und der Mayo Klinik Rochester (USA) von der Academy of Neurology ausgezeichnet

Rauchen verursacht Krebs - es könnte möglicherweise jedoch auch vor einer Parkinson-Erkrankung schützen. Zu diesem Ergebnis kommen verschiedene epidemiologische Studien, wonach das Rauchen den Ausbruch von Parkinson hemmt. Dieser Zusammenhang ist noch nicht eindeutig bewiesen, da einige Raucher dennoch erkranken.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass es eine genetische Veranlagung gibt, die - zusätzlich beeinflusst von bestimmten Umweltfaktoren - für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich ist. Auf der Grundlage dieser Hypothese führte Maurizio Facheris, Forscher des EURAC-Instituts für Genetische Medizin gemeinsam mit Forschern der Mayo Klinik Rochester (USA) eine Studie mit 1228 Probanden durch.

Die Ausgangsthese war folgende: Ob jemand an Parkinson erkrankt oder nicht, hängt zum einen davon ab, wie Medikamente auf ihn wirken, was je nach genetischer Veranlagung variieren kann. Zum anderen schützt der Wirkstoff Nikotin in bestimmten Fällen die Gehirnzellen. Nikotin ist somit „neuroprotektiv" und kann vor Parkinson schützen. „Wir haben die Testpersonen zu ihren Rauchgewohnheiten befragt und diese Daten mit einer Variante im CYP2A6 Gen verglichen. Dieses Gen kodiert für ein Enzym, das für den Abbau des Nikotinwirkstoffs verantwortlich ist", erklärt Maurizio Facheris, Forscher am EURAC-Institut für Genetische Medizin und Neurologe am Krankenhaus in Bozen. Facheris ist Koordinator und Erstautor der Studie.

Die Auswertung der Daten zeigt in der Tat: Wenn gerade Raucher eine bestimmte Variante des betreffenden Gens aufweisen, ist das Risiko einer Parkinsonerkrankung deutlich geringer als bei Menschen ohne diese Genvariante, die nicht rauchen. Es muss nun noch genauer untersucht werden, ob die Schutzwirkung tatsächlich auf diese Variante des CYP2A6-Gens oder auf das bei Rauchern nachweisbare Abbauprodukt Cotinin, das durch die Wirkung dieses Gens entsteht, zurückzuführen ist. „Sollte sich diese zweite Annahme bestätigen, könnte ein Medikament auf der Basis von Cotinin eine Parkinson-Erkrankung verhindern", macht Maurizio Facheris deutlich.

Die Studie eröffnet vielversprechende Möglichkeiten auf dem Feld der Pharmakogenetik. Dieser Forschungsbereich geht davon aus, dass aufgrund der unterschiedlichen Genvarianten Medikamente auch unterschiedlich auf Menschen wirken. Eine DNA-Analyse ermöglicht es, bereits im Voraus zu erkennen, wie ein Medikament im jeweiligen Fall wirken wird. Darauf aufbauend können Arzneimittel entwickelt werden, die gezielt auf jeden Einzelnen zugeschnitten sind.

Die Studie ist auf dem Jahreskongress der American Academy of Neurology in Toronto vorgestellt und als eine der besten fünf Prozent von insgesamt 2000 Studien ausgezeichnet worden.

Für weitere Informationen:

Maurizio Facheris, tel. 0471 055 529

EURAC-Sprachforscher besuchen deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien

Rund 70.000 Menschen gehören einer deutschsprachigen Minderheit in Belgien an. Diese deutschsprachige Gemeinschaft ist das erste Ziel der Vorortbesuche oder so genannten Study Visits, die im Rahmen eines EU-Projekts für Mehrsprachigkeit und sprachliche Vielfalt in Europa – kurz RML2future - durchgeführt werden. Sabine Wilmes und Magdalena Putz vom EURAC-Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit besuchen vom 16. bis zum 22. Mai Schulen und Bildungseinrichtungen im belgischen Eupen. Die beiden Sprachforscherinnen beobachten im Zuge dieser ersten Study Visit Unterrichtsstunden und nehmen daran teil, führen Interviews mit Lehrern durch und treffen sich mit Bildungsbeauftragten aus der Politik. Sie gehen insbesondere der Frage nach, welche politischen Vorgaben für den Erhalt und die Weiterbildung von Minderheitensprachen notwendig sind. In erster Linie stehen die Lehrenden im Mittelpunkt der Studie: Welche Bedürfnisse haben sie? Was funktioniert gut im Bildungssystem und wie können Sprachminderheiten in europäischen Regionen voneinander lernen?

Die nächsten Study Visits in diesem Jahr gehen nach Bautzen (Deutschland) zu den Sorben und zu den Zimbern in Norditalien. Die EURAC ist wichtiger Partner und Koordinator im Projekt RML2future, dessen Ende für Dezember 2011 vorgesehen ist. Das Ziel des Projekts ist es, Minderheiten- und Regionalsprachen in Europa zu fördern und ein Netzwerk mit dem Schwerpunkt auf Erziehungs- und Bildungspolitik aufzubauen.

Kontakt:

Sabine Wilmes, Tel. 0471 055133

Magdalena Putz, Tel. 0471 055129

Tagung im Rahmen des EURAC-Projekts MigrAlp in Innsbruck

Sieben Prozent der Südtiroler sind ausländische Mitbürger, nördlich des Brenners, in Nordtirol sind es zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Die meisten Migranten leben in den Städten, in den letzten Jahren ist vor allem in Südtirol der Anteil in den kleineren Gemeinden gestiegen: Im Jahr 2005 waren zum Beispiel in der Gemeinde Salurn 14,5 Prozent Einwohner mit ausländischer Herkunft, drei Jahre später waren es fast 19 Prozent.
Wie kleinere Gemeinden das Zusammenleben der Zugewanderten und Einheimischen fördern können und in den verschiedensten Bereichen wie Schule oder Arbeitsmarkt auf eine gelungene Integration Einfluss nehmen, diskutierten erstmals Gemeindepolitiker und Migrations-Experten aus Nord- und Südtirol am Dienstag, 20. April im Haus der Begegnung in Innsbruck. Im Rahmen des Projekts MigrAlp des EURAC-Instituts für Minderheitenrecht tauschten sich die Teilnehmer Erfahrungen und Perspektiven aus. Ziel des Projekts ist es, in Nord- und Südtirol neue Formen der Integration für Mitbürger mit Migrationshintergrund zu entwickeln, die dazu beitragen Diskriminierung erfolgreich zu bekämpfen. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZEMIT) wird die Situation von Migranten analysiert und es werden sogenannte Indikatoren ausgearbeitet, die es erlauben, die komplexe Thematik von Immigration und Integration zu beobachten.
„Bisher wurden integrationspolitische Maßnahmen auf kommunaler Ebene sei es in der Forschung als auch in der Praxis vernachlässigt", erklärte Roberta Medda-Windischer, Wissenschaftlerin am EURAC-Institut für Minderheitenrecht und Projektleiterin von MigrAlp. Es gäbe in Südtirol und in Nordtirol nur vereinzelte Vorzeigeprojekte und es bestünde Aufholbedarf.
Kleinere Gemeinden beschäftigen sich erst ab einem Anteil von fünf Prozent an Migranten mit der Problematik. Doch - so waren sich alle Teilnehmer der Tagung einig - sei es unabdingbar, dass pro Gemeinde ein Integrations-Beauftragter damit delegiert wird. In den Städten Bozen und Meran gibt es bereits seit sieben Jahren den Ausländerbeirat, der die politische Partizipation der ausländischen Mitbürger fördere. Jedoch auf Gemeindeebene gibt es nur in Tirol eigens dafür Beauftragte. Diesen sind allerdings meist die Hände gebunden, da nur begrenzt Gelder bereit stünden.
Anna Elisabeth Aichner Schenk, die Bürgermeisterin aus Olang stellte auf der Tagung die Situation in ihrer Gemeinde vor. In der 3000-Seelen-Gemeinde leben 144 Ausländer, die auf 21 Familien aufgeteilt sind und in der Tourismus-Branche arbeiten. „Es bestehen rege persönliche Kontakte zwischen Einheimischen und Migranten, die auch durch das Fotoprojekt zum Thema Migration von Brigitte Niedermair entstanden sind„, so die Bürgermeisterin aus dem Pustertal. Das Fotoprojekt ist Teil der Initiative Wissen schaf(f)t Kunst aus der Reihe MUSEION at the EURAC tower und hat Einheimische und Zugewanderte Frauen näher gebracht.

Für weitere Informationen: Verena Wisthaler, Tel. 0471 055 231